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Der Mord am kaiserlichen Gesandten

 Wilhelm Graf von Mirbach-Harff

Aus dem rheinischen Adelsgeschlecht der Grafen und Freiherren von Mirbach-Harff gingen nicht nur Schlossherren und Gutsbesitzer hervor, sondern auch Diplomaten und ebenso Ranghohe Offiziere. Treu und Pflichtbewusst dienten Sie ihren Kaisern und Königen. Einer der berühmtesten dieses Geschlechtes war wohl Graf Wilhelm von Mirbach-Harff. Er stand zu Anfang des letzten Jahrhunderts im diplomatischen Dienst der Deutschen Kaiserregierung. Wer aber genau war dieser spätere Diplomat Wilhelm Graf von Mirbach-Harff? Er wurde als Baron Wilhelm, genannt Baron Willy von Mirbach-Harff als Sohn des Kämmerers Ernst Graf von Mirbach-Harff und Gräfin Wilhelmine von Thun und Hohenstein am 02. Juli 1871 in Ischl, Österreich geboren. Sein Vater Ernst Freiherr von Mirbach entstammte der in Österreich lebenden Linie derer von Mirbach und er erbte nach dem Tode seines Bruders Wilhelm im Jahre 1882 Schloss Harff und den Titel des Grafen von Mirbach-Harff. So siedelte Graf Ernst von Mirbach-Harff mit seiner Familie von Österreich nach Schloss Harff über.
Sein Sohn Baron Wilhelm absolvierte sein Abitur in Bedburg an der dortigen Rheinischen Ritterakademie. Diese war auf Schloss Bedburg beheimatet und der Gründer dieser Schule für Söhne des rheinischen und des ausländischen Adels war im Jahre 1837 Baron Wilhelms eigener Vorfahr Johann Wilhelm von Mirbach-Harff. Nach seinem Studium mit dem Abschluss des großen Staatsexamen begann dann für Baron Wilhelm eine beispiellose Karriere im diplomatischen Dienst. Seine erste Station führte ihn ein halbes Jahr vor der Jahrhundertwende als dortiger Botschaftssekretär nach London.
Am 29. Mai des Jahres 1901 verstarb auf Schloss Harff sein Vater Ernst Graf von Mirbach-Harff und Baron Wilhelm wurde neuer Schlossherr und erbte ebenfalls den Grafentitel von Mirbach-Harff. In den folgenden Jahren war Graf Wilhelm im diplomatischen Dienst in
Den-Haag, Budapest und Paris tätig. Als 1. Sekretär kam er im Jahre 1911 an die Gesandtschaft in St.Petersburg. Im März 1918 war es auch Graf Wilhelm, der nach dem Friedensschluss von Brest-Litowsk, die ersten Verhandlungen leitete zur Rückführung der Kriegsgefangenen. Ende April des gleichen Jahres sollte er nun für sein letztes großes Amt vorgesehen sein. Seine sehr guten und umfangreichen Erfahrungen mit den Russischen Verhältnissen der damaligen Zeit sollten es auch sein, die die kaiserliche Regierung dazu veranlasste Graf Wilhelm nach Moskau zu entsenden als offiziellen Vertreter, im Range eines Gesandten und bevollmächtigten Ministers.
Seit Wochen war die Lage von Graf Wilhelm sehr gefährlich. Dies berichteten ihm auch immer wieder Korrespondenten, doch der Graf nahm die ihm überbrachten Warnungen nicht besonders ernst.
Doch wie hatte sich bis dahin die politische Lage in Russland entwickelt? Am 28. November 1917 hatten die Verhandlungen von Brest-Litowsk zwischen Russland und Deutschland begonnen. Beim Abschluss der Verhandlungen kam dann zwischen den beiden Kontrahenten ein Friedensvertrag zu Stande, bei dem in Russland die Bolschewiken weiterhin an der Macht bleiben konnten. Jedoch hatten Ihre Zugeständnisse zur Folge, dass Russland große Gebietsverluste dadurch erlitt.
Am Vormittag des 06. Juli 1918 ersuchten zwei Revolutionäre das Büro von Graf Wilhelm in Moskau auf und baten um eine Unterredung. Diese wurde ihnen dann vom kaiserlichen Gesandten bewilligt. Bei der Unterredung waren noch ein Deutscher Offizier und Legationsrat Hitzler anwesend. Plötzlich und unerwartet zogen die beiden Revolutionäre ihre Pistolen und schossen auf den Deutschen Botschafter. Graf Wilhelm wurde nur leicht am Kopf verletzt und ehe sie daran gehindert werden konnten, warfen die beiden Revolutionäre Handgranaten in den Raum und retteten sich selbst mit einem Sprung aus dem Fenster. Graf Wilhelm von Mirbach-Harff wurde so schwer verletzt, dass er ohne das Bewusstsein wieder zu erlangen kurze Zeit danach verstarb. Der deutsche Offizier und Legationsrat Hitzler blieben unverletzt. Mit diesem feigen und hinterhältigen Mord sollte Stimmung gegen den Friedensvertrag und seine Auswirkungen gemacht werden.
Die Genfer Zeitung „Neuer Korrespondenz“ meldete schon am 18. Juli die Gefangennahme und Hinrichtung eines der mutmaßlichen Mörder. Am 10. Juli 1918 fand eine Trauerfeier in der deutschen diplomatischen Vertretung in Moskau statt. An deren Anschluss wurde der Leichnam des verstorbenen Grafen zum Moskauer Alexander Bahnhof gebracht und in einem Sonderzug nach Berlin überführt. Ein Mitglied der Gräflichen Familie hatte  inzwischen die Begleitung des Verstorbenen übernommen. Es war sein Bruder Major Freiherr von Mirbach. Ihm zur Seite fuhr noch Legationsrat Graf von Bassewitz mit. Noch am gleichen Abend wurde der Leichnam weiter von Berlin nach Harff, dem Stammsitz der Grafen von Mirbach-Harff, überführt. Dort traf er dann am 12. Juli ein. Doch bevor der Wagon mit den sterblichen Überresten und dem Nachlass von Graf Wilhelm in Harff eintraf wurde er bei einem Zwischenstopp in Neuss von Unbekannten aufgebrochen und ausgeplündert.
Auf Schloss Harff angekommen wurde Graf Wilhelm im roten Saal aufgebahrt und die Totenwache hielten tagsüber die Schulkinder von Morken-Harff. Am 15. Juli 1918 begannen die Beisetzungs- feierlichkeiten schon morgens um 08:00 Uhr in der Schlosskapelle Harff mit einer stillen Messe. Nach Einsegnung der Leiche um 10:30Uhr, durch Pfarrer Fell, setzte sich der Trauerzug vom Schloss in Richtung der gegenüberliegenden Schlosskapelle in Bewegung. Es nahmen wieder die Schulkinder von Morken – Harff, als auch die Ortsvereine aus Morken und Harff am Trauerzug teil. Hinter dem Sarg schritten der k. und k. Major Graf Theodor von Mirbach-Harff und die Vertretung seiner Majestät des deutschen Kaisers, Oberpräsident Exzellenz von Groote. Auch die russische Regierung war mit einer Abordnung vertreten und weitere offizielle Persönlichkeiten, die Gräfliche Familie und zahlreiche Andere schlossen sich dem großen Trauerzug an. Bei der anschließenden Seelenmesse wurde dann der Verstorbene, unter großer Würdigung seiner Verdienste für das deutsche Kaiserreich durch Pfarrer Fell, in der Familiengruft der Schlosskapelle beigesetzt.
Auch das deutsche Kaiserreich nahm noch einmal in einer offiziellen Trauerfeier am 18. Juli in der Berliner St. Hellwegskirche Abschied. Bei einem feierlichen Requiem nahmen zahlreiche Vertreter des Deutschen Reiches,  Abschied vom ermordeten Gesandten Graf Wilhelm von Mirbach-Harff. Als Vertretung der Gräflichen Familie von Mirbach-Harff waren seine Brüder nach Berlin angereist. Sie erschienen in den Uniformen Österreichischer Offiziere. Theodor Freiherr von Mirbach, der zu diesem Zeitpunkt noch als österreichischer Offizier seinen Militärdienst absolvierte, trat in die Erbfolge und wurde neuer Schlossbesitzer und Graf von Mirbach-Harff.
Politisch gingen ebenfalls die Ereignisse weiter, denn einige Tage später wurde in Russland die Zarenfamilie ermordet und bei Kriegsende schlossen die Alliierten mit Deutschland einen Friedensvertrag. In Deutschland war die Monarchie damit beendet und der deutsche Kaiser Wilhelm der II. musste abdanken und sich ins holländische Exil begeben. Am 09. November des Jahres 1918 wurde dann in Deutschland die Weimarer Republik ausgerufen.

  

Quellennachweis:
- Kölner Stadtanzeiger - Bericht vom 07.04.2008
- Bergheimer Amtliches Kreisblatt - Bericht vom 10.07.1918
- Die Eiserne Bahn - Dieter Schlangen
- Festschrift zur 800Jahr Feier 2000 - Bürger Schützenbruderschaft Morken-Harff 1200 e.V.
- Bildnachweis: Die Eiserne Bahn - Dieter Schlangen, Privatarchiv II. Schill´sche Offiziere Morken-Harff

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