„Aus alter Wurzel neue Kraft“
Wie
es zur heutigen St. Sebastianus Bürger-Schützenbruderschaft Morken-Harff
1200 e.V. kam.
Im alten
Doppelort Morken-Harff war die Morkener Bruderschaft der wohl
älteste Verein. Seit dem
11. Jahrhundert gab es in Morken eine Pfarrkirche St. Martinus und damit
eine Gebetsbruderschaft. Um 1200 gründete sich dann eine
Sakramentsbruderschaft. Durch einen Brand wurde das Pfarrarchiv zerstört
und es gab keine Auskünfte mehr über das genaue Jahr.
Jedoch das Archiv
der Grafen von Mirbach auf Schloss Harff erwähnt die Morkener
Sakramentsbruderschaft schon im Jahre 1403. Die Bruderschaft kümmerte sich
in diesen Zeiten verstärkt um kirchliche und karitative Aufgaben. In den
letzten zwei Jahrhunderten widmeten sich in unserer Gegend die
Bruderschaften verstärkt der wehrsportlichen Ertüchtigungen. Die auch von
der Obrigkeit durch Ausbildungen an der Armbrust und später an
Schussfeuerwaffen gefördert wurden. Auch die Morkener Bruderschaft führte
den Schießsport aus und die besten Schützen hatten stets besondere Rechte.
Der Höhepunkt war alljährlich der Vogelschuss. Der beste Schütze der den
hölzernen Vogel von der Stange schoss war der Schützenkönig. Wie viele
andere Sakramentsbruderschaften durfte auch die Morkener Bruderschaft in
der NS-Zeit nur als „Schützenverein“ öffentlich auftreten.
Im Juli 1948
formierte man die Bruderschaft erneut und wurde durch
den Eintrag beim
Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften offiziell mit der
Pfarrkirche
als „St. Sebastianus Sakramentsbruderschaft Morken-Harff“
eingetragen. Ab dieser Zeit veranstaltete man regelmäßig am dritten
Wochenende im August ein Schützenfest. Das letzte Schützenfest
im Zuge der
Umsiedlung wurde im Jahre 1968 in Morken-Harff abgehalten. Viele Umsiedler
feierten so mit dem letzten Schützenkönig Reiner Oberzier am alten
Standort in Morken-Harff noch einmal ihr Schützenfest.
weitere Bilder vom Morkener Schützenfest
Im
Ortsteil Harff feierten die Bürger ihre Kirmes. In der Zeit vor
dem Zweiten Weltkrieg richtete ein Junggesellenverein die Dorfkirmes aus.
Um einen eigenen Verein in Harff zur Pflege des heimatlichen Brauchtums zu
haben, gründete man am 01. Juli 1948 in der Gaststätte „Zum Erftstrand“
die Kirmesgesellschaft Harff. Um im gesellschaftlichen Leben den Harffer
Bürgern noch mehr als eine Kirmes anzubieten, wurde die Kirmesgesellschaft
im Jahre 1951 in „Bürgerverein Harff“ umbenannt.
Ab 1951 wurde die
weit über unsere Grenzen bekannte Harffer Kirmes nicht mehr im Saal Spier
sondern aus Platzgründen in einem 400 m2 großen Festzelt durchgeführt. Im
Jahre 1952 erhielt der Verein eine eigene Fahne. Sie wurde nach den
Entwürfen des Lehrers Wilhelm Trach von Frau Jean Broich und ihrer
Schwester Sophie gefertigt. Die Stickereien zeigen den Pfarrpatron St.
Martin und das Wahrzeichen des Doppelortes das Harffer Schloss. Ab 1953
wurden dann auch gelungene Karnevals- und Tanzveranstaltungen im Saal
Spier durchgeführt. Der Name Kirmes kommt ursprünglich von „Kirchweih“ und
ein wesentlicher Bestandteil der Harffer Kirmes war nach altem Brauch ein
Festgottesdienst mit anschließender Kranzniederlegung am Ehrenmal. Die
Feierlichkeiten dauerten vier Tage lang und man hatte neben den kunstvoll
bemalten und schön verzierten Klumpen (Holzschuhe) auch ein
Klumpenkönigspaar. Nach dem großen Festzug und beim Klumpenball wurden
dann die schönsten Klumpen prämiert.
zum "Harffer
Heimatlied"
Ab 1952
gab es noch eine weit über unsere Grenzen bekannte Attraktion. Man führte
im Festzug kunstvolle Großfackeln mit, die zur Freude der Zuschauer in der
Gestaltung das örtliche Dorfleben wieder spiegelten.
Ein weiterer
Höhepunkt jedes Jahr war das von Josef Weckopp einstudierte Klumpenbalett
nach der Musik des Holzschuhtanzes aus „Zar und Zimmermann“ und des
Einzugmarsches aus dem „Zigeunerbaron“ von J. Strauß. Das übrigens nach
der Umsiedlung in Kaster Mitte der 90`ger Jahre noch einmal von den Frauen
und Männern des Jägerzuges Schützendelle unter großer Freude aller
aufgeführt wurde.
Zur Harffer Kirmes gehörte natürlich auch der „Zachäus“
als Freudenspender in Form einer Strohpuppe die an allen Festtagen vom
Zeltdach auf die Besucher herunter schaute. Zum Start der Kirmes wurde der
Zachäus gebührend empfangen, er kam einmal mit der Eisenbahn, in einem
Zigeunerwagen, als Reiter auf einem Elefanten und auch mal in einem Schwan
auf der Erft entlang. Da er nach vier Tagen nicht zu einer Verlängerung
der Kirmes „bereit“ war wurde er jedes Jahr unter großer Beteiligung
standesrechtlich abgeurteilt und unter lautem „Wehklagen“ verbrannt. Im
Jahre 1966 feierte man wegen der fortscheitenden Umsiedlung mit dem
Klumpenkönig Engelbert Bollig ein letztes mal die „Harffer Kirmes“ am
alten Standort.
weitere Bilder der Harffer Kirmes
Am neuen
umgesiedelten Standort Kaster wurde auf der Fläche des späteren
Hallenbades das erste Morken-Harffer Schützenfest vom 23. bis 25. August
1969 mit dem Schützenkönig Willi Schiffer gefeiert. Er war auch der erste
Brudermeister im neuen Umsiedlungsraum Kaster. Der Wille des Überlebens,
durch die verlorene Heimat und der verlorenen Ortsnamen Morken-Harff,
führte die beiden, in der Vergangenheit so unterschiedlichen Vereine, am
27. Dezember 1969 in der Kasterer Gaststätte Alt-Harff (Spier) zusammen.
Man fusionierte die Schützenbruderschaft Morken mit dem Harffer
Bürgerverein und gründete die heutige
St. Sebastianus Bürger-Schützenbruderschaft
Morken-Harff 1200. e.V., Mitglied im Bund der Historischen Deutschen
Schützenbruderschaften. Damit erteilte man jedoch auch dem Vorschlag der
Stadt Kaster eine Absage mit einer Fusion der Kasterer Bruderschaft und
des Kasterer Bürgervereins. Ab diesem Zeitpunkt gab es in der ehemaligen
Stadt Kaster bis Anfang der 90`ger Jahre zu Christi Himmelfahrt das Kasterer
Schützenfest und im Herbst die Kasterer Spätkirmes an der
Albert-Schweitzerstraße und im August das Morken-Harffer Schützenfest
oberhalb der Rochusstraße und dann später für alle auf dem neu angelegten, heutigen
"Kirmesplatz" an
der Rochus-/Stresemannstraße.
Nach der
Fusion feierte man das erste gemeinsame Morken-Harffer Schützenfest vom
19. bis 22. August 1970. Da man noch nicht so recht wusste wie man die
Königswürden der beiden ehemaligen Vereine zusammen führen sollte,
entschloss man sich für jenes Jahr die Würde des Königs aus zu setzten.
Doch im darauf folgenden Jahr hatte man eine Lösung, die für alle
akzeptabel war, und auch heute noch gilt, gefunden. Der Schützenkönig
fungierte bis Sonntagabend im Sinne der alten Morkener Bruderschaft und ab
Montags war er dann Klumpenkönig im Sinne des alten Harffer Bürgervereins.
Der erste König in dieser Doppelfunktion war Willi Kessel.
In den
letzten Jahrzehnten ist die Gemeinschaft der Bürgerschützen mit aktiven
und passiven Mitgliedern und somit die Anzahl der einzelnen Züge durch
die „Umsiedlungskinder“ und „Neubürger“ stetig weiter gewachsen.
Heute
beheimatet die Bruderschaft an aktiven Mitgliedern neben unserem
Brudermeister, den Ehrenbrudermeistern und dem Gesamtvorstand, das
Offizierscorps, die Sappeure, sechs Jägerzüge, eine große Jungschützen-abteilung, drei
Marinezüge, die roten, schwarzen, blauen, grünen und weißen Husaren, der
Fahnenzug, die Artillerie, die Dragoner, die Füsiliere, die Grenadieroffiziere,
die
Ulanen und die blauen, schwarzen, grünen und roten Schill´sche Offiziere.
Deshalb ist auch hier der Schützenleitspruch „Aus alter Wurzel neue Kraft“
lebendig geblieben, trotz oder gerade wegen der verlorenen Heimat
Morken-Harff und dem Neuanfang im neuen Siedlungsraum Kaster.
Quellennachweis:
- Dokumentation eins Umsiedlungsortes – Der Erftkreis
- Festschrift zur 800 Jahrfeier 2000 der Bürger-Schützenbruderschaft
Morken-Harff 1200 e.V.
- Mündliche Zeitzeugenberichte
- Bildmaterial: Privatarchiv II. Schill`sche Offiziere Morken - Harff
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